„Ich habe mir im Sommer zwei Monate Zeit gelassen, um durch Bosnien zu reisen und mir die verschiedenen Hotspots angeschaut. Nirgends ist es so schlimm wie in Velika Kladuša“, berichtet uns eine Aktivistin. Trotz der Kälte leben hier hunderte Menschen im Wald, in Ruinen oder leerstehenden Häusern. Schon direkt nach unserer Ankunft haben wir für über 5.000 € dringend benötige Hilfsgüter bestellt, um den Engpass zu überbrücken, der bis zur Ankunft unseres nächsten Trucks besteht. Neben warmer Kleidung und Schuhen können wir somit Gaskocher, Kochtöpfe, Powerbanks, Lampen, aber auch Spiele für Tage, die ohne sinnvolle Beschäftigung endlos sind, verteilen. Mit unserer Hilfsaktion unterstützen wir vor allem Menschen, die außerhalb der offiziellen Camps leben und meist gar keinen Zugang zu Versorgung jeglicher Art haben.
Nach den ersten sehr erschütternden Eindrücken des gestrigen Tages haben wir heute richtig angepackt. Unsere Freund*innen von SOS Balkanroute haben uns ihre Arbeit gezeigt und uns sehr freundschaftlich einbezogen. Wir haben gemeinsam viele benötigte Güter besorgt und für die Verteilung am Abend vorbereitet. Eine halbe Tonne Lebensmittel wurden rationiert und für unfassbar viele kleine Spots zusammengestellt.
Wir bestellen für weitere 2.000 € Lebensmittel. 1.200 Personen werden von unserer Partnerorganisation mit Essen versorgt. Die Essenspakete enthalten Reis, Mehl, Linsen, Öl und Gemüse. Heute können wir auch Gewürze beisteuern, dank eurer Spenden. Jeder Schlafsack, jede warme Jacke und jede Packung Reis zählt, denn hier kämpfen Menschen ums nackte Überleben.
Nach Einbruch der Dunkelheit starteten wir mit zwei Teams und vollbeladenen Bullis. Bei Schneefall und völlig aufgeweichten Böden schlugen wir uns zu den provisorischen Unterkünften der Menschen durch. Die Freude über die Lebensmittel war riesig und ich habe noch nie zuvor für wenige Kartoffeln, Möhren, Reis und Zwiebeln solch eine Dankbarkeit erfahren. Wie auch schon am Tag davor wurden wir sofort zu Tee und frisch zubereitetem Fladenbrot eingeladen und verbrachten einige Zeit mit den Menschen, um uns ihre Geschichten anzuhören.
An jedem Spot wurden gleich Anfragen und Bitten bezüglich der Lieferung von dringend benötigen Dingen, wie Schuhen, Jacken und Kochutensilien aufgenommen. Das tolle an der Arbeit von SOS Balkanroute ist, dass sie völlig bedarfsorientiert arbeiten. Geflüchtete können ihre Bedarfe mitteilen und dann werden ihnen ein paar Tage später die Sachen von den Freiwilligen und uns vorbei gebracht. Heute Abend haben einige unsere Gummistiefel gesehen, und nun stehen auch Gummistiefel mit ihren Schuhgrößen auf der Liste und werden demnächst vorbei gebracht.
Zurück im Base Camp von SOS haben wir alles ausgewertet und für den morgigen Tag Pläne geschmiedet.
Der gesamte Tag hat uns gezeigt, dass unsere Arbeit und die unserer Partnerorganisationen für die Menschen, die in Bosnien gestrandet sind und kaum eine Chance auf Verbesserung ihrer Umstände haben, extrem wichtig ist. Auch wenn wir damit die menschenverachtenden Systeme nicht ändern, macht es für die Menschen auf der Flucht einen sehr großen Unterschied.
Deshalb bleibt am Ende des Tages das tragende Gefühl, dass es schön ist, vor Ort und so nah dran zu sein – mit tollen Leuten bei unseren Partnern, freundlichen Geflüchteten, die trotz ihrer katastrophalen Situation noch lachen können, und dem unbedingten Drang, helfen zu wollen.
=> Tag 1: Unsere Ankunft in Bosnien
=> Tag 2: Die „Hunger Games“ von Velika Kladuša
=> Tag 4: 1000 Schuhe gegen die Kälte – Lager Lipa